Pastor

“ICH WOLLTE DIESE EHE NICHT MEHR”
Ein Pastor betrügt seine Frau und bittet um Vergebung

“Irgendwann kam der Punkt, da habe ich sogar zu Gott gesagt: Ich will diese Ehe nicht mehr”, erzählt Peter M.*  Es ist Frühjahr 2003. Schon seit Jahren läuft es in der Beziehung zu seiner Frau Christiane* nicht mehr gut. Peter ist Pastor und als begabter Prediger weit über seine Gemeinde hinaus bekannt. Immer häufiger ist er zu Vorträgen unterwegs. Christiane bleibt währenddessen mit den sechs gemeinsamen Kindern zu Hause. Wenn er nach Tagen endlich wieder nach Hause kommt, möchte sie mit ihm über ihre Alltagssorgen reden. Sie ist einsam und frustriert. Doch Peter fühlt sich angegriffen: “Durch die Kritik meiner Frau fühlte ich mich vollkommen entwertet. Ich hatte großen Kummer. Damals habe ich nicht begriffen, dass eigentlich ich die Ursache des Kummers war.”

Dabei hatte alles einmal so gut angefangen.
Beide engagieren sich in der Gemeinde und Christiane unterstützt ihren Mann vor allem in seiner Seelsorge-Arbeit. Nur wenn es nicht anders geht, kümmert Peter sich alleine um einen Fall. Eines Tages entsteht auf diesem Weg so etwas wie eine kleine Freundschaft zu einer Frau. Nichts Gefährliches zunächst, bloß Sympathie. Peter und die junge Frau teilen ein gemeinsames Hobby. Sie reden viel. Sie hat Zeit für ihn. Und: Sie bewundert ihn. Mit der Zeit fühlt sich Peter zu ihr hingezogen. Doch sein Glaube hält ihn davon ab, die Grenze zu überschreiten.

Erst als eines Tages die Beziehung von Peter und Christiane durch einen “furchtbaren Streit” einen erneuten Tiefschlag erleidet, brechen die Dämme. Peter sieht keinen Ausweg mehr. Zuerst denkt er an Selbstmord. Doch dann schwenkt er um: Er fährt zu der jungen Frau und fragt sie, ob sie ein neues Leben mit ihm beginnen will. Längst ist auch sie in ihn verliebt. Sie willigt ein.

Monatelang halten die beiden ihr Verhältnis geheim. Während der ganzen Zeit arbeitet Peter M. weiter als Pastor. Mehr noch: Er berät sogar Paare, die eine ähnliche Situation durchleben, wie er selbst: “Es ist verrückt, aber ich konnte es einfach so abspalten. Nicht bewusst, das lief
automatisch.”

Doch irgendwann kann Peter M. nicht mehr. Sein Gewissen macht ihm so sehr zu schaffen, dass er Schluss macht. Er will alles seiner Frau beichten und retten, was noch zu retten ist. Doch die junge Frau kommt ihm zuvor. Sie ruft Christiane an. “Zuerst dachte ich, diese Frau lügt”, erinnert sich Christiane. “Doch dann wurde mir klar, dass ich in etwas ganz Schlimmes hinein geraten war. Ich habe zu Gott geschrieen: ,Herr, ich falle, und ich weiß nicht, wohin!’ ”

Ein gutes Jahr ist seither vergangen.
Und obwohl Peter und Christiane immer noch verheiratet sind, ist der Schmerz allgegenwärtig. Schmerz über den Treuebruch, Schmerz über die Tatsache, dass Peter noch monatelang emotional zwischen Christiane und seiner Geliebten hin und her gerissen war. Und doch wollen beide ihrer Ehe eine Chance geben. “Meine Frau hat mir damals sofort gesagt, dass sie mir vergibt”, sagt Peter M. bewegt. Und Christiane fügt hinzu: “Lieber wollte ich die Schmerzen und die Arbeit an unserer Beziehung in Kauf nehmen, als die Probleme einer Trennung lösen.”

In den ersten Monaten begeben sich die beiden in eine Paartherapie, später auch in Einzeltherapie. Mühsam müssen sie lernen, wieder miteinander zu reden. Müssen lernen, neu Vertrauen zu fassen. Bis heute. “Es geht in schleppenden Schritten vorwärts”, sagt Christiane, und wünscht sich, sie wären schon viel weiter. An Peter nagen nach wie vor die Schuldgefühle – gegenüber seiner Frau und gegenüber der ehemaligen Freundin, die er ebenso verletzt hat. Er leidet, auch wenn er weiß “dass Gott mir vergeben hat.”

Von seinem Beruf als Pastor hat sich Peter M. für mehrere Jahre verabschiedet. Viel Zeit mit Gott verbringt er dennoch – etwas, woraus er früher stets Kraft für sein gesamtes Leben und seine Arbeit gezogen hat. Bis der Stress ihn einholte. Und der Ehrgeiz. “Es wird immer dann gefährlich, wenn man sich seine ganze Bestätigung durch seine Arbeit holt, selbst dann, wenn sie christlich ist”, sagt er. Und doch wünscht er sich, eines Tages zurückzukehren. Wenn die Wunden verheilt sind. Bei ihm. Vor allem aber bei Christiane. “Wir werden sehen”, sagt er.

(*)Die Namen wurden von der Redaktion geändert.
Sabine Müller
Quelle: NEUES LEBEN – Das christliche Ratgeber-Magazin (www.neuesleben.com)

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